Die folgenden ausnahmsweise etwas umfangreicheren Dialoge sind so wie dargestellt ineinandergeschachtelt gewachsen, d.h. der Ursprungsbeitrag steht ganz innen eingerückt!"

- Info via SVD -.

Herr Hentschel schreibt in einer mail vom 04.12.02 um 22:03 Uhr:

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    ----- Original Message -----
    From: Peter Hentschel
    To: SVD
    Sent: Wednesday, December 04, 2002 10:03 PM
    Subject: AW: weiter zu "Gewinnmitteilungen" (RA Ahr)


    Sehr geehrter Herr Ahr,

    wenn schon Sie als Anwalt die Zweifelhaftigkeit eines Erfolges beim Einklagen von Gewinnzusagen anerkennen und auch zum Ausdruck bringen, daß zwar Möglichkeiten bestehen, seitens der Verbraucherorganisationen gegen dies Unwesen vorzugehen, aber die Wirkung doch recht bescheiden ist, so erscheint mir das so, als wenn man sagt: der Bürger hat ein verbrieftes Recht auf Unversehrtheit bei seinem Aufenthalt in der Öffenlichkeit, will er aber wirklich sicher sein, so darf er eben nicht in zwielichtigen Gegenden umherspazieren weil er dort doch Gefahr läuft beschädigt zu werden.

    Die konkrete Frage stellt sich so: welcher durchschnittliche Rentner über 70 (es sind überwiegend Menschen in diesem und höherem Alter, die von diesen Machenschaften betroffen sind und das mit Vorsatz) verfügt über die Energie und Durchsetzungskraft, einen Prozess anzustrengen und durchzustehen, bei dem der Erfolg von vornherein zweifelhaft ist (Anwälte geben in solchen Fällen immer die 50% Antwort). Weiterhin ist die Frage: steht der theoretisch erzielbare Erfolg in einem vernünftigen Verhältnis zum Aufwand und - wie wird ein solches Verfahren finanziert (Rechtsschutzversicherungen sind mittlerweile schon sehr knausrig geworden). Sie stimmen mir sicher zu, daß es Standeskollegen gibt, die nicht abgeneigt sind, auf diese Weise Geld zu verdienen (Anwaltskosten richten sich bekanntlich nach dem Streitwert und bei den Gewinnsummen geht es fast immer um 5stellige Beträge).

    Was mich an der Geschichte so in Rage bringt ist die Unverfrorenheit der Vorgehensweise dieser Gauner mit der Werbung bei vorwiegend alten Menschen. Hier wird die nachlassende Leistungsfähigkeit im Durchblick ausgenutzt und das mit Millionenprofiten jährlich. Wir sind gerne bereit auf die Tabakswerbung zu verzichten (aus guten Gründen), wir sind bereit über Werbung mit unterschwelliger Gewalt und sexistischen Motiven zu diskutieren, um die Jugend zu schützen - doch wo bleibt der Schutz der Alten!?
    Vieles, was an "Unzulänglichkeiten" in unserer Gesellschaft so leicht relativiert wird, soll damit nur aus dem Brennpunkt unserer Blicke weggeschoben und abgebügelt werden (so ist es doch auch mit unserer SVD-Geschichte, wir sind ja lt. Aussagen von offizieller Seite "selbst schuld" an unserer Misere; durch unsere "Habgier").

    Die Situation wird enger, weil zig Jahre keiner so genau hingeschaut hat, was so passiert "in diesem unserem Lande". Ist der Misthaufen aber groß genug, kann man den Gestank nicht mehr ignorieren. Das ist der Zeitpunkt, wo Verdrossenheit und natürliche Sensibilität gegenüber "Unrecht" die Scheuklappen wieder entfernt. Die resultierende Reaktion behagt natürlich nicht, ist "Revolte", weil es ja vorher auch nichts zu klagen gab, ist unbequem, weil ja so Vieles Normalität ist.

    Es wird uns bewußt, daß sich die Alterspyramide stark verändert, es ändert sich aber noch nicht das Bewußtsein, was es heißt alt zu werden und zu sein; wir sind aber alle mal dran. Der Schutz der schwächeren Mitglieder unserer Gesellschaft ist nicht nur menschliche Pflicht, es gebietet auch der Anstand und das Sozialverhalten.

    Wenn wir Menschen bestrafen, die Schwächere unserer Mitmenschen (Kinder) benutzen, um auf verwerflichste Art Profit zu erlangen, so ist das prinzipiell vergleichbar damit, wenn andere Schwächere (Alte) auf dubioseste Art abgezockt werden - um Profit zu machen.
    Wir werden von unseren Führenden eindringlich aufgefordert "hinzuschauen" - und was sehen wir wenn wir dann "hinschauen" - und was können, dürfen, sollen wir tun - und mit welcher Erfolgschance? Weil der Probleme so viele sind - doch wieder wegschauen?
    Ich habe heute bei der angegebenen Zeitung nachgehakt und erfahren, daß sich in Kürze doch etwas bewegen wird (ein Hoffnungschimmer?)

    So wie der SVD durch "steter Tropfen höhlt den Stein" nach langem Weg mehr und mehr in das allgemeine Sichtfeld rückt, muß es auch mit den anderen Mißständen in unserer Gesellschaft geschehen (man nennt das "aktiv am Leben teilnehmen") - oder was wollen wir unseren Kindern zurücklassen?

    Mit freundlichen Grüßen

    Peter Hentschel

    • -----Ursprüngliche Nachricht-----
      Von: SVD [mailto:svdmail@s-vd.de]
      Gesendet: Mittwoch, 4. Dezember 2002 17:50
      An: svd (s-vd.de)
      Betreff: Fw: weiter zu "Gewinnmitteilungen" (RA Ahr)

      - Info via SVD -

      Herr RA Ahr schreibt in einer mail vom 04.12.02 um 10:03 Uhr:

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      ----- Original Message -----
      From: Eberhard Ahr
      To: SVD
      Sent: Wednesday, December 04, 2002 10:03 AM
      Subject: Re: AW: Anfrage wegen "Gewinnmitteilungen" (Hr. Holst) (RA Ahr) (Hr. Hentschel)

      Hallo Herr Hentschel,

      bei allem verständlichen Frust über die Nicht-Reaktion bei Ihrer Regionalzeitung oder Ihren Kommunalpolitikern und bei allem Frust und Ärger, was die gegenwärtige Finanz- und Steuerpolitk angeht: In Bezug auf das hier diskutierte Problem ist in der letzten Legislaturperiode die gesetzliche Möglichkeit geschaffen worden, dass Verbraucherorganisationen besser gegen solche unlautere Werbemethoden vorgehen können und dass man individuell Gewinnversprechen einklagen kann. Das hatte schon Erfolg. Sicher muß man etwas tun und sich an die entsprechenden Stellen wenden. Ich hatte darauf hingewiesen, wohin.

      Leider agieren die Firmen anonym und oft aus dem Ausland heraus. Dann ist es natürlich auch für diese Organisationen schwer herauszufinden, wen man verklagen kann. Ich weiß aber, dass dort sehr intensiv daran gearbeitet wird. Übrigens vielleicht auch ein Feld für den SVD oder Herrn Fuchsgruber. Wenn er die 2.500,00 EURO einklagt, soll er gern sogar die Hälfte abhaben.
      Nix für ungut.

      E. Ahr, RA in Bremen

      ----- Original Message -----

      • From: SVD
        To: svd (s-vd.de)
        Sent: Wednesday, December 04, 2002 9:49 AM
        Subject: Fw: AW: Anfrage wegen "Gewinnmitteilungen" (Hr. Holst) (RA Ahr) (Hr. Hentschel)

        - Info via SVD -

        Herr Hentschel schreibt in einer mail vom 04.12.02 um 09:32 Uhr:

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        ----- Original Message -----
        From: Peter Hentschel
        To: SVD
        Sent: Wednesday, December 04, 2002 9:32 AM
        Subject: AW: AW: Anfrage wegen "Gewinnmitteilungen" (Hr. Holst) (RA Ahr)

        Hallo zusammen,

        dieses "Unwesen" wird in verstärktem Maße auf alte Menschen in Seniorenheimen angewandt. Ich kann Balladen davon singen, meine Schwiegermutter wird zugekleistert damit. Kürzlich habe ich einen Stapel von diesem Schund an unsere Tageszeitung (Main Echo, Aschaffenburg) geschickt, mit der Bitte um Berichterstattung. Noch kein Feedback. Das Problem beim Oberbürgermeister angesprochen ergab eine mehr als lapidare Response (aber so san's halt unsere Altvorderen, gell), die Kripo stellt sich ebenfalls dumm. Schlimm wird es, wenn Warensendungen kommen, die nicht bestellt wurden (per Normalpost!!!) und dann irgendwann mit !!! Schimmelpfeng !!! das Geld versucht wird beizutreiben. Diese Schweinebacken lassen nichts aus, um besonders alten Leuten ans Geld zu gehen. Soviel kann man garnicht fressen, wieviel man da kotzen könnte (Zitat Neutze).
        Wie lautet der Diensteid unserer Regierenden?: Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, SCHADEN VON IHM WENDEN, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. Bei einigen besonder "christlichen" (sic) Leuten soll dann sogar noch der liebe Gott bei dieser Lüge helfen, toll was?

        Mit vielen "adventlichen" Grüßen

        Peter Hentschel
        -----Ursprüngliche Nachricht-----
        • Von: SVD [mailto:svdmail@s-vd.de]
          Gesendet: Dienstag, 3. Dezember 2002 19:30
          An: svd (s-vd.de)
          Betreff: Fw: AW: Anfrage wegen "Gewinnmitteilungen" (Hr. Holst) (RA Ahr)

          - Info via SVD -

          Herr RA Ahr schreibt in einer mail vom 03.12.02 um 19:19 Uhr:

          -+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+

          ----- Original Message -----
          From: Eberhard Ahr
          To: SVD
          Sent: Tuesday, December 03, 2002 7:19 PM
          Subject: Re: Anfrage wegen "Gewinnmitteilungen" (Hr. Holst)

          Zur nächsten Verbraucherzentrale gehen. Material mitnehmen.
          Gruß
          E. Ahr

          ----- Original Message -----
          • From: SVD
            To: svd (s-vd.de)
            Sent: Tuesday, December 03, 2002 6:37 PM
            Subject: Fw: Anfrage wegen "Gewinnmitteilungen" (Hr. Holst)

            - Info via SVD -

            Herr Holst schreibt in einer mail vom 03.12.02 um 18:14 Uhr (von allgemeinem Verbraucherschutzinteresse, daher auch für die infoline):

            -+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+

            ----- Original Message -----
            From: Holst, Holger
            To: 'info@s-vd.de'
            Sent: Tuesday, December 03, 2002 6:14 PM

            Sehr geehrter Herr Werner,

            ich bin gerade im Büro, deshalb habe ich leider nur diese Adresse. Meine Frage: Eine Bekannte von mir, eine ältere Dame, bekommt ständig "Gewinnpost", d. h. man behauptet, sie hätte Euro 25.000,-- gewonnen und brauche das Geld nur noch abzuholen. Dazu soll sie eine "sau-teure" 190er Nummer anwählen. Natürlich hat sie dazu keine Lust. Kann sie das Geld nicht einklagen?

            Mit Dank im Voraus, H. Holst

            ------------------ ENDE TEXT ----------------------

      • Dieses Unwesen wird immer noch und schon seit vielen Jahren getrieben mit diesen falschen, z.T. sehr dreisten Gewinnversprechen. Um es vorweg zu nehmen: Da - natürlich - niemand etwas zu verschenken hat, außer seinem letzten Hemd (!), schon gar nicht an jemanden, der bei einem Gewinnspiel gar nicht aktiv teilgenommen hat und zudem eine vergleichsweise hohe Geldsumme, ist so etwas in erster Linie für die Ablage 'P' geeignet - siehe unten.

        Es soll auch schon Fälle gegeben haben, bei denen der Gewinn eingeklagt werden konnte - die absolute Ausnahme. Das ist ja für den Kläger erst einmal mit Kosten verbunden (und unsicherem Ausgang bei unserer allseits bekannten Justiz), zudem ist fraglich, ob der Verursacher überhaupt aufzutreiben ist und dann zur Rechenschaft gezogen werden kann. Solche Aktionen werden zumeist aus dem Ausland gesteuert: Liechtenstein, Malta, Übersee und nicht zuletzt Nigeria(-Connection), mit Postfachadressen versteht sich! Man kann die Briefflut auch schlecht abstellen, insbesondere, wenn man tatsächlich schon mal früher 'positiv' darauf reagiert haben sollte und etwa auch eine Kleinigkeit bestellt hat. Was ist das schon angesichts des "großen Gewinnes" ... Den Betreibern geht es indes nur um eines: Selbst reich zu werden. Zum einen über teure, nutzlose Tel.gebühren, wo am anderen Ende nur ein Band mit Endlosschleife (groß genug) läuft und den Anrufer mit Rhetorik bei der Stange (in der Leitung) halten will, und zum anderen über den Vertrieb unnützer, überteuerter Waren von fraglicher Qualität, die es im Laden um die Ecke besser und billiger gäbe - wenn man sie denn überhaupt braucht.

        Also am besten: Finger weg, sich keine falschen Hoffnungen machen lassen. Sobald man sich näher damit beschäftigt und die Werbebotschaften weiterliest, könnte man sonst hängenbleiben und es doch mal versuchen wollen ... Wie es dann weitergeht: siehe oben. Genau das ist ja beabsichtigt.

        Mit freundlichem Gruß
        L.B. Werner
        (Vors. des SVD)

        ------------------ ENDE TEXT ----------------------

        Vielen Dank, Herr Ahr!

        Mit freundlichem Gruß
        L.B. Werner
        (Vors. des SVD)

        ------------------ ENDE TEXT ----------------------

    • Da kann ich Ihnen nur beipflichten, Herr Hentschel, auch in dieser Hinsicht ist unser Staat leider ein Eldorado für Betrüger, da die ganz genau wissen, daß die StA aus Bequemlichkeit ja doch nichts macht. Warum auch? Kriegen als Beamtete auch so ihr Geld.
      Auch meine Mutter bekommt verstärkt diesen Müll. Ich habe den Stapel schonmal vor einiger Zeit einem unserer enger vertrauten Rechtsanwälte geschickt. Er hat bestätigt, daß den Ganoven schwer beizukommen ist. Unbestellte Waren sind Gott sei Dank noch nicht eingetroffen. Das sollen die mal versuchen! (Ich verstehe Hr. Kowalski immer besser ... ;-)
      Was soll man auch tun, wenn einen die Justiz desinteressiert im Regen stehen läßt? Immer nur zahlen und zahlen, für nichts und wieder nichts? Das hieße ja jedweder Erpressung nachzugeben und den Gaunern damit zu zeigen, daß sie auf die Tour tatsächlich und ungeschoren zu ihrem Ziel gelangen. Das darf nicht sein! Deshalb möchte ich zu mehr zivilem Ungehorsam in diesen Dingen aufrufen - mit allen legalen Mitteln versteht sich. Wir können auch Politik der Nadelstiche betreiben.

      Mit freundlichem Gruß
      L.B. Werner

      (Vors. des SVD)


      ------------------ ENDE TEXT ----------------------

      Vielen Dank, Herr Ahr; wir hatten auch bereits den Versuch unternommen, das Material zu sichten im Hinblick auf eine rechtsstreitliche Auseinandersetzung. Das ist durchaus im Bereich des Möglichen, diese Dinge tatsächlich entsprechend zu verfolgen. Da müßte mal ein bahnbrechendes Grundsatzurteil her, ein Durchbruch sozusagen.

      Mit freundlichem Gruß
      L.B. Werner
      (Vors. des SVD)

      ------------------ ENDE TEXT ----------------------


    Vielen Dank für den ausführlichen Beitrag, Herr Hentschel. Sie sprechen alle aktuellen Themen zutreffend an und sicherlich vielen aus der Seele.

    Man denke dabei auch an die vielen veranstalteten und noch zu veranstaltenden Kaffeefahrten (gar von initiierenden, mit zweifelhaften Methoden agierenden Anwälten organisiert im Bereich unserer Thematik zur Bildung von IGs!!!), denen ebenfalls vorwiegend ältere Menschen (die designierte Zielgruppe) zum Opfer fallen. Die freuten sich unbedarft auf einen schönen, geselligen Nachmittag bei Kaffee und Kuchen, auch verschiedene Sehenswürdigkeiten wurden angekündigt - und was müssen sie erleben?
    wird meist ganz woanders hingefahren, weit ab vom Schuß auf dem Lande, wo sie dem Veranstalter auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind und nicht weg können (sie wurden ja schon zuweilen im Saal einfach eingesperrt!),

    müssen sie ein "leckeres Essen" hinnehmen (Erasco-Büchseneintopf),

    und vor allem werden sie der Gehirnwäsche einer mit rüden Methoden abgehaltenen Verkaufspräsentation ausgesetzt, bei der sie solange und stundenlang behämmert werden, bis eine ganze Reihe seine Heizdecke, Kochgeschirr, zweifelhafte Nahrungsergänzungsmittel oder was auch sonst erworben haben - weit überteuert, versteht sich. Wer unbequeme Fragen stellt, wir vor versammelter Mannschaft abgebügelt oder gar zur Abschreckung für die anderen rausgeschmissen. Man kennt das ja alles. Sogar die Handys sollen schon eingesammelt worden sein, damit keiner etwa die Polizei anrufen kann. Wenn aber ein Diabetiker dabei sein sollte, der einen akuten Anfall bekommt, kann es um lebensrettende Sekunden gehen - doch daran denkt man erst gar nicht und opfert den alten Menschen so einfach dem Profit der Abzocker. So läuft es doch!

    Wir wissen alle, daß es mit dem "Recht" in unserem Lande schlimmer als schlecht bestellt ist. Krasser können Theorie und Praxis nicht sein. Was nützen die besten Gesetze, wenn sie regelmäßig erfolgreich umschifft werden dank gewiefter Anwälte und Richter, die besser einen anderen Beruf hätten erwählen sollen? Die Verantwortlichen sind eigentlich nur zu gut bekannt, kommen dieser ihrer Verantwortung aber nicht in dem Maße oder sogar gar nicht nach, wie es denn zu sein hätte. Zuviel Filz und Klüngel, Ehrgeiz und Eitelkeit, auch eigene Vorteilsnahme im Amt sprechen nunmal dagegen - das ist die egoistische Ellenbogengesellschaft, eine Frucht des sich verselbständigt habenden Kapitalismus. Schon im Kindergarten wird den Kleinen Leistungsdenken und Konkurrenzbehauptung gegen den Mitbewerber beigebracht, besser zu sein als sein 'Gegner', der Konkurrent - in Schule und Beruf sind das erst recht die Maximen des wirtschaftlichen Überlebens. Und z.T. seien sogar halblegale Tricks vonnöten, um nicht unterzugehen (machen doch alle so, man darf sich nur nichts nachweisen lassen ... ). Wer bremst, verliert. Die Bergpredigt und die gebotene Nächstenliebe (wo befindet sich hier das sog. vielzitierte "christliche Abendland"?) sind so absolut kraß das Gegenteil von der alltäglich gelebten Praxis, an die sich viele schon - selbst abgestumpft - gewöhnt haben und ggf. "wegschauen". Die allabendliche bzw. rund um die Uhr gebotene Gewalt "zur Unterhaltung"(!) in TV, Video und Kino tun ein übriges, um diese negative Entwicklung voranzutreiben. Siehe Erfurt oder andere Orte des tödlichen Amoklaufs. Terroranschläge werden salonfähig gemacht, und da wundert man sich, wenn ...

    Doch wie es Hr. Hentschel hat anklingen lassen - was geschieht denn, wenn sich tatsächlich mal ein Bürger ein Herz nimmt und beim "Hinschauen" einem anderen beistehen möchte, der z.B. in der U-Bahn von mehreren feige drangsaliert und angepöbelt wird? Entweder er kriegt selbst eins in die Fresse (sorry - aber diese Sprache ist in diesem Zusammenhang völlig angebracht, weil es dem Bild des Vorgangs entspricht, wie in dem bekannten Fall, wo vor Jahren dem Manne der Zivilcourage mit geschlossenen Absätzen vom Angreifer ins Gesicht getreten wurde, weil er die Pöbler zum Einhalten gegen den Dritten, Wehrlosen lediglich verbal bewegen wollte) - oder aber er wird gar selbst noch obendrein verknackt, weil er die Zivilcourage allzu wörtlich und eigenmächtig in die Tat umgesetzt hat, wozu er juristisch (ph!) nicht "berechtigt" gewesen sei. Welch himmelschreiende Doppelmoral und Scheinheiligkeit! -

    Doch, richtig, das ist der beste Nährboden für Revolution und Erneuerung - denn so kann und darf es nicht weitergehen. Was wollen wir unseren Kindern hinterlassen? (s.o.) Und wann fangen wir an? Erleben wir es noch?

Mit ermunternden Grüßen
L.B. Werner
(Vors. des SVD)

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Letzte Änderungen: 16.12.2002 - webmaster@s-vd.de