Antwort des Petitionsausschuß vom Dez. 1999 auf einen Brief eines Geschädigten

Abschrift 

12105 Berlin

Anlage

Schuldrecht

 

Pet 4 – 14 – 07 – 401 – 006536

 

Beschlußempfehlung

Das Petitionsverfahren abzuschließen.

Begründung

Der Petent wendet sich gegen das Geschäftsgebaren von Banken bei der Finanzierung von Immobiliengeschäften über sogenannte "Treuhänder" und kritisiert, daß die mit derartigen Rechtsstreitigkeiten befaßten Gerichte über nicht genügend Sachkompetenz verfügten, um die "Taktik der Banken" zu durchschauen.

Um seine finanzielle Absicherung im Alter zu sichern, hatte der Petent zwei Appartemente in Bochum und Göttingen erworben. Der Erwerb dieser Immobilien erfolgte jedoch nicht auf die herkömmliche Weise direkt vom Eigentümer, sondern über ein sogenanntes "Treuhandmodell". Geschäftsanbahnung und Abschluß erfolgen in diesen Fällen stets nach dem gleichen Grundmuster: Auf erster Stufe stehen die sogenannten Anlageberater, die den potentiellen Interessenten – zumeist in deren Privatwohnung - den Kauf einer Immobilie als finanziell einträgliches Anlageobjekt empfehlen: Nach deren Darstellung finanziert sich ein solcher Immobilienkauf durch die Steuerersparnis aufgrund der Darlehensverpflichtung und der Mieteinnahmen "praktisch von selbst". Um potentielle Interessenten möglichst schnell zum Vertragsabschluß zu bewegen, stellen diese Anlageberater die angepriesenen Geschäfte zumeist als einmalige Gelegenheit dar, die nur noch in kürzester Zeit wahrgenommen werden könne. Zuvor informierte Notare stehen in diesen Fällen dann auch in den Abend- und Nachtstunden bereit, um in kürzester Zeit den vereinbarten Vertragsabschluß notariell zu beurkunden. Dieser Vertrag ist dann allerdings kein direkter Immobilienkaufvertrag, sondern ein Geschäftsbesorgungsvertrag. Vertragspartner des Immobilienkäufers ist dabei ein sogenannter "Treuhänder" (zumeist Treuhand- und Steuerberatungsgesellschaften), die vom Erwerber zum Kauf der Immobilie bevollmächtigt werden.

Die Treuhänder erhalten für ihre Tätigkeit eine durchaus erhebliche Provision, die dann später Teil des von den Banken finanzierten Darlehens ist. In der Regel wird in diesen Verträgen zudem die Garantie für Miete und Nebenkosten übernommen, die erneut als erhebliche sogenannte "weiche Kosten" in Rechnung gestellt werden. Der eigentliche Kaufpreis für die Wohnung wird durch diese zusätzlichen Kosten erheblich in die Höhe getrieben und führt in vielen Fällen letztlich dazu, dass sich die Anlage für den Investor nicht rechnet. Auch können vielfach die übernommenen Garantien für die Höhe der Mieteinnahmen nicht eingehalten werden.

Auf dritter Stufe erfolgt dann die Finanzierung durch eine Bank. Diese folgt dem Muster eines sogenannten "Distanzgeschäftes". Die betroffenen Banken stehen mit dem Treuhänder in dauernder Geschäftsbeziehung und haben die Darlehensgewährung mit diesem schon vor Abschluß der einzelnen Erwerbsgeschäfte geregelt. Ohne weitergehende Kontrolle sind sie daher bereit, einen Kaufpreis zu finanzieren, der - ginge es allein um den Marktwert der Immobilie – extrem vom sonst üblichen Kaufpreis abweicht. Eine Bonitätsprüfung der Käufer wird – wenn überhaupt – in nur groben Zügen vorgenommen. Die Bank zahlt den Darlehensbetrag dann auf ein Treuhandkonto, von dem aus die verschiedenen Vertragspartner (Treuhänder und Bauträger) bezahlt werden.

Oftmals schon kurze Zeit nach Erwerb der Immobilie stellt sich für die Investoren heraus, dass sich ihre Geldanlage nicht in dem von den Anlagenberatern dargestellten Umfang rechnet, sowohl die Steuerersparnis hat wohl in vielen Fällen nicht den beschriebenen Umfang; auch bleiben oftmals die Mietzahlungen ganz aus oder reduzieren sich aufgrund der Marktlage erheblich. Die zumeist geschäftlich unerfahrenen und finanziell wenig abgesicherten Investoren sind in den meisten Fällen nicht in der Lage, derartige finanzielle Ausfälle überbrücken zu können, und kommen insofern mit ihren Darlehensrückzahlungen in Verzug. Wenn sie dann versuchen, entweder den Bauträger oder den Anlagenberater in Anspruch zu nehmen, stellt sich zumeist heraus, dass diese entweder bereits in einem laufenden Insolvenzverfahren befindlich sind oder jedenfalls nicht über genug Vermögen verfügen, als dass eine Klage gegen sie hinreichend Aussicht auf Erfolg hätte. Für viele Investoren bleibt nur die finanzierende Bank, gegenüber der der Investor versuchen muß, sich aus der eingegangenen Darlehensverplichtung zu lösen.

Die parlamentarische Prüfung des Anliegens führt zu folgenden Ergebnissen:

Soweit sich der Petent auf die Verhandlung seines Falles vor dem Landgericht München bezieht und dabei insbesondere kritisiert, dass das Gericht ihm einen für ihn unannehmbaren Vergleich vorgeschlagen hat und nur über mangelnde Sachkenntnis der Besonderheiten des Treuhandmodells verfügt, ist darauf hinzuweisen, dass der Petitionsausschuß nicht befugt ist, schwebende Gerichtsverfahren zu beeinflussen oder getroffene Urteile zu kritisieren. Andernfalls wäre die nach Artikel 97 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gewährte richterliche Unabhängigkeit mißachtet.

 

Dem Begehren des Petenten ist es aber zu entnehmen, dass es ihm neben einer Einzelfallprüfung auch um abstrakt-generelle Fragen der Bankenhaftung bei sogenannten "Treuhandmodellen" geht. Hierzu liegt dem Ausschuß auch eine Stellungnahme des Bundesministeriums der Justiz vor. Die parlamentarische Prüfung der Frage, ob auf gesetzlicher Ebene Handlungsbedarf zu einem besseren Schutz der Finanzanleger bei Immobiliengeschäften – insbesondere mit Blick auf die finanzierende Bank – besteht, hat folgendes ergeben:

Primär aufklärungspflichtig und damit Anspruchsgegner bei Immobilienanlagen ist der Verkäufer der Immobilie und nicht die finanzierende Bank. Im Normalfall ist diese grundsätzlich nur hinsichtlich der Finanzierung beteiligt und hat nicht über die wirtschaftlich sinnvolle Verwendung des Kredits zu urteilen (dies entspricht dem Grundsatz der sogenannten "rollenbedingten" Verantwortlichkeit"). Der Erwerber einer Immobilie ist daher in erster Linie selbst gehalten, sich über Mängel des Anlageobjektes wie z.B. deren Sanierungsbedürfigkeit zu informieren. Er kann sich daher nicht allein deshalb, weil eine Bank den geplanten Kauf finanziert, auf die wirtschaftliche Ertragsfähigkeit des Immobilienerwerbes vertrauen.

Dennoch können Besonderheiten des Einzelfalles nach den gegenwärtig bestehenden gesetzlichen Regelungen, die die Rechtsprechung insbesondere für den Bereich der Anlagenvermittlung weiter konkretisiert hat, interessengerecht gelöst werden. Dies gilt auch für die eingangs geschilderte Praxis beim sogenannten "Treuhandmodell".

Im Rahmen der Verhandlungen über die Gewährung eines Kredits haben die beteiligten Banken erhebliche, von der Rechtsprechung konkretisierte Sorgfaltspflichten, einzuhalten. Soweit die Bank diese Sorgfaltspflicht verletzt, besteht für den Kreditnehmer später die Möglichkeit, gegen die Bank wegen eines sogenannten "Verschuldens bei Vertragsverhandlung" zivilrechtlich vorzugehen. Er ist dann so zu stellen, als ob der Vertrag mit der Bank nicht abgeschlossen wäre, d.h. als ob die Darlehensverpflichtung nicht entstanden wäre. Die Sorgfaltspflichten der Banken beziehen sich primär nur auf das Finanzierungsmodell, d.h. nur auf den Inhalt des Darlehensvertrages. Die Rechtsprechung hat jedoch insbesondere in den vergangenen Jahren betont, dass es auch für die Bank zu Sorgfaltspflichten hinsichtlich der Aufklärung und Überprüfung in Bezug auf die geplante Verwendung des Geldes kommen kann.

Letzteres ist auch für das sogenannte "Treuhandmodell" entscheidend. Zu differenzieren ist hierbei allerdings zwischen zwei Fallgestaltungen. Zum einen kommt in Betracht, mangelnde Aufklärung durch die Bank als eigenes Verschulden der Bank anzusehen, was allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur unter engen Voraussetzungen möglich ist. Zum anderen besteht die Möglichkeit, arglistiges oder fahrlässiges Handeln der Vermittlungspersonen den finanzierenden Banken über § 278 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)(Verschulden des Erfüllungsgehilfen) zuzurechnen.

Eigenes Verschulden der Bank ist insbesondere dann anzunehmen, wenn sie neben ihrer Rolle als Kreditgeberin gleichsam als "Partei" des finanzierten Geschäfts erscheint und auftritt (vgl. Bundesgerichtshof, NJW 1998, S. 1583 ff.). Diese Rechtsprechung könnte für das Treuhandmodell insoweit relevant werden, als dass die Bank mit den Treuhändern bzw. Vermittlern der Regel die Finanzierungsgeschäfte schon vorher, gewissermaßen "im Paket" vereinbart hat. Danach dürfte es nach Einschätzung des Petitionsausschusses im Einzelfall schwierig sein, den Banken eine derartige Parteirolle nachzuweisen. Daneben bietet die bestehende Rechtsordnung – wie eingangs angedeutet – aber auch die Möglichkeit, den Banken das Verschulden Dritter zuzurechnen.

Soweit die beteiligten Vermittler Informationen über den Darlehensvertrag selbst abgeben und dies den Banken bekannt ist, werden die Vermittler unzweifelhaft im Pflichtenkreis der Bank tätig, so dass der Anwendungsbereich der Zurechnungsnorm des § 278 BGB eröffnet ist. Für die Praxis des Treuhandmodells ist diese Fallgestaltung insofern äußerst relevant, da die Vermittler im Rahmen der Werbegespräche in den meisten Fällen auch Aussagen zum Inhalt des Darlehensvertrages treffen und die zukünftigen Anleger nicht zuletzt aufgrund dieser Informationen sich zum Kauf der Immobilie entschließen. Als Beispiel seien hier etwa Angaben der Vermittler zur Tilgungsdauer des Darlehensvertrages genannt. Derartige Informationen beziehen sich unmittelbar auf den Darlehensvertrag und gehören somit zum ureigenen Zuständigkeitsbereich der Bank (vgl. hierzu E. Stüsser, NJW 1999, S.1586 ff.) Die Anleger sind daher in Fällen derartiger Fehlinformationen durch die bestehende Rechtslage und die die konkretisierende Rechtsprechung ausreichend geschützt.

Insbesondere in den letzten Jahren hat die Rechtsprechung in vielen Fällen aber darüber auch Entscheidungen treffen müssen, bei denen es um Informationen ging, die nicht primär den Finanzierungsvertrag, sondern in erster Linie die Wirtschaftlichkeit der geplanten Anlageform betrafen. Auch wenn nach dem oben geschilderten Grundsatz der "rollenbedingten Verantwortlichkeit" die Banken für derartige Informationen nicht haften müssen, hat die Rechtsprechung inzwischen einige Kriterien herausgearbeitet, bei denen eine Abweichung von diesem Haftungsgrundsatz geboten und interessengerecht ist. Eine solche Erweiterung der Aufklärungspflichten der Banken leitet sich aus dem § 242 BOS (Leistung nach Treu und Glauben) ab. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt ein Anspruch des Kreditnehmers gegen die Bank zunächst einmal voraus, dass dieser von seiner Stellung gegenüber der Bank als besonders schutzbedürftig anzusehen ist (Bundesgerichtshof, NJW 1985, S. 1020). Diese Voraussetzung dürfte gerade in den Fällen des oben geschilderten Treuhandmodelles erfüllt sein, da hierbei die Anleger oftmals geschäftlich unerfahren sind und unter zeitlichem Druck handeln. Der Bundesgerichtshof fordert darüber hinaus, dass die betreffende Bank einen "konkreten Wissensvorsprung" hat (Bundesgerichtshof, NJW 1998, S.1583, 1584). Auch diese Voraussetzung wird in vielen Fällen des Treuhandmodelles zu bejahen sein. Die beteiligten Banken beim Treuhandmodell haben die Finanzierungabsprachen in der Regel schon vorab mit der Treuhandgesellschaft geregelt, kennen den jeweiligen Kreditvermittler und die Zusammensetzung des Kaufpreises. Ihnen muß daher auch bekannt sein, dass aufgrund dieses hohen Kaufpreises die so getätigten Immobilienkäufe verhältnismäßig risikoreich sind (vgl. zur Stellung der Bank E. Stüsser, NJW 1999, S. 1586 ff.) Aufgrund dieser Besonderheit des Treuhandmodelles dürften hierbei in den meisten Einzelfällen die vom Bundesgerichtshof nominierten Voraussetzungen zur gesteigerten Aufklärungspflicht von Banken erfüllt sein. Die ihr diesbezüglich obliegenden Pflichten hat sie auch dann zu wahren, wenn Dritte die Aufklärung und Information gegenüber dem zukünftigen Anleger abgeben. Soweit dieser Dritte seine Aufklärungspflichten verletzt, kann dies der Bank nach § 278 BGB zugerechnet werden (vgl. zur ähnlichen Sachlage bei der Aufklärung über das Risiko einer Kapitalanlage in Form einer Lebensversicherung: Bundesgerichtshof, NJW 1999, S. 2898 ff.)

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die Anleger bei Immobilienkäufen im Rahmen eines Treuhandmodelles auch gegenüber den finanzierenden Banken nicht schutzlos gestellt sind. Die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten gewähren den Anlegern hinreichend Schutz vor Fehlinformationen und ermöglichen es ihnen, sich aus den geschlossenen Darlehensverträgen zu lösen. Weitergehende gesetzgeberische Aktivitäten zur Verbesserung des Anlegerschutzes erscheinen angesichts der gegenwärtigen Gesetzes- und Rechtsgrundlage nicht erforderlich. Darüber hinausgehende detaillierte Regelungen sind daher nicht erforderlich. Gerade in solchen Fällen wie denen des Treuhandmodelles erscheint es sachgerecht, die Anwendung der bestehenden gesetzlichen Vorschriften von der wertenden Betrachtung der Gerichte im Einzelfall abhängig zu machen (dies betonte auch der Bundesgerichtshof, NJW 1996, S 451 ff.). Schematische, vom Gesetzgeber in abstrakt genereller Form vorgegebene Lösungen würden nicht dazu beitragen, die konkrete Gerechtigkeit im Einzelfall sicherzustellen.

Aufgrund dieser Sach- und Rechtslage empfiehlt der Petitionsausschuß daher, das Petitionsverfahren abzuschließen.

 

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